4. Februar 2021
von Markus Riedmann

Man geht in die Schule, um etwas zu lernen. Aber wenn man nicht mehr in die Schule gehen kann, dann muss eben die Schule nach Hause kommen. So wurde aus jedem Haus ein Schulhaus, aus jeder Wohnung ein Klassenzimmer und aus jedem Küchentisch eine Schulbank. Ihr habt zu Hause für die Schule gelernt. Ihr habt aber auch so vieles andere gelernt, das in der Schule nicht abprüfbar ist, ihr habt gelernt, wie wichtig die Familie ist, wie wichtig die Freunde sind und wie sehr ihr sie vermissen könnt. Ihr habt auch erfahren, wie toll ein einziges großes Schulhaus sein kann, in dem wir alle gemeinsam singen, werken, zeichnen, lesen und lachen können. Ihr bekommt am ersten Schultag nach den Ferien für eure schulischen Leistungen ein Zeugnis. Aber eigentlich reicht das nicht aus. Ihr solltet noch ein Zeugnis bekommen, in welchem steht, wie tapfer ihr während des Lockdowns gewesen seid. Jeder Kuchen, den ihr gebacken habt, jeder Tag, den ihr an der frischen Luft verbracht habt, jedes Lachen, das ihr euren Eltern auf das Gesicht gezaubert habt, wäre in so einem Zeugnis eine Erwähnung wert. Aber so ein Zeugnis bekommt ihr leider nicht, denn Schulnoten sind eben nur Schulnoten. Für die wichtigen Dinge im Leben reichen fünf Ziffern nicht aus. Dafür bräuchte es Worte, Worte, die nicht werten, die uns verbinden und die uns stärken. Denn das Leben lässt sich nun einmal mit fünf Noten nicht einfangen.

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